Page 75 - Entlebucher Brattig 2021
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           Lachen schenken





           Karin Zemp














                                                                 «… und manchmal reicht es aus, wenn mich ein Kind
                                                                 während der Blutentnahme am Ohrläppchen ziehen
                                                                 kann …»  1

                                                                 Als Christoph Kolumbus 1496 erstmals Indios mit nach
                                                                 Spanien brachte und sie dem Hof von Kastilien zur aller-
                                                                 gnädigsten Begutachtung präsentierte, braute sich über
                                                                 den Köpfen des illustren Hofvolkes sogleich ein riesiges
                                                                 Fragezeichen zusammen: Sind das Menschen? Ihre
                                                                   Körper und der aufrechte Gang liessen es vermuten, ihr
                                                                 seltsames Gestammel hingegen eher nicht. Die Argu-
                                                                 mente gingen hin- und her. Als dann jedoch eines jener
                                                                 Wesen deutlich erkennbar zu lächeln begann, war die
                                                                 Sache entschieden. Kein geringerer als Aristoteles hatte
                                                                 das Lachen zu einer spezifischen Eigenschaft des Men-
                                                                 schen erklärt. Lachen macht uns also menschlich –
                                                                 «Lachen verbindet», weiss der Volksmund. Kaum einer
                                                                 Emotion wird eine so vielfältige Palette von guten und
                                                                 schlechten Eigenschaften zugesprochen wie unserem
                                                                 Lachen: Zauberhaft, strahlend, hämisch, herzlich, ironisch,
                                                                 schallend, böse, verkniffen, verliebt, perlend, glucksend,
                                                                 wissend, glücklich, traurig, bitter, kindisch, provozierend,
                                                                 um nur eine kleine Auswahl aufzuzeigen.


                                                                 Lachen ist die beste Medizin

                                                                 Lachen fördert die Kreativität und Spontanität sowie
                                                                 das Problemlösungsvermögen. Es bringt Sauerstoff ins
                                                                 Blut, stärkt das Immunsystem, baut Stresshormone ab,
                                                                 stimuliert die Produktion von Glückshormonen, ent-
                                                                 spannt und aktiviert die Selbstheilungskräfte. Dass
                                                                 Lachen die beste «Medizin» ist, wussten schon unsere
                                                                 Mamis und Grosis, wenn wir mit aufgeschürften Knien
                                                                 angerannt kamen. Noch spritziger formulieren Philoso-
                                                                 phen und Komiker diese Erkenntnis. Voltaire schrieb im
                                                                 18. Jahrhundert: «Die Kunst des Arztes besteht darin,
                                                                 den Patienten zu unterhalten, während die Krankheit
                                                                                                     2
                                                                 ihren Lauf nimmt.» Und Groucho Marx  meinte: «Ein
                                                                 Clown wirkt wie eine Aspirin-Tablette, nur doppelt so
                                                                 schnell.»
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