Page 71 - Entlebucher Brattig 2021
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                                                                                             Herzhaftes Lachen des Buddhas.
                                                                                             Die langen Ohren stehen dafür,
                                                                                             dass dieser früher als Fürsten-
                                                                                             sohn Schmuck trug, auf den er
                                                                                             aber  verzichtet hat. [Bild: Josch13/
                                                                                             Pixabay, Pixabay Licencense]







           Dem Unergründlichen mit einem Lachen                  gegenseitig Freude. Auch äussere Zeichen zaubern vielen
           gegenübertreten
                                                                 Zeitgenossen ein Strahlen auf das Gesicht: Grossartige
           Dabei ist es in der Religion wie sonst im Leben: Eine   Bauwerke, sakrale Kunst, geistliche Musik vermitteln
           Regel, eine Norm ist wohl eine Einschränkung, die aber   eine Erhabenheit, zu der sich Gläubige durchaus zuge-
           auch hilft, das Zusammenleben zu vereinfachen. Reli-  hörig fühlen können.
           giöse Regeln betreffen sowohl den Alltag wie auch den   Klar, viele Heiligengeschichten haben einen im wahrsten
           Ritus, die Feier des gläubigen Menschen vor Gott. Hier   Sinn des Wortes todernsten Charakter. Doch ein auf-
           stellt sich zudem das geteilte Glaubenserlebnis hinzu:   merksames Betrachten von Kirchenbildern und Heiligen-
           Als Glaubender darf ich mich als Teil einer Gemeinschaft   figuren in den Kirchen und Kapellen zeigt auch lächelnde
           sehen, was bereits als eine Anteilnahme am ewigen     Märtyrer – was angesichts der ihnen aufgrund ihres
           Dasein empfunden werden kann.                         Glaubens bevorstehenden Begegnung mit dem alles
           Die Fröhlichkeit, und damit das Lachen, ist deshalb auch   versöhnenden Göttlichen nicht weiter erstaunt. Ja, viele
           innerhalb der Religion eine Erlebnisform. Im Christentum   Christinnen und Christen tragen selbst das Zeichen
           wird bei Taufen und Hochzeiten gelacht (oder dann aus   des Kreuztodes Jesu auf sich. Ein Marterwerkzeug als
           Freude geweint). Sonntagsgottesdienste sind, Hand aufs   Schmuck, ein starkes Symbol.
           Herz, bei uns eher sachliche Veranstaltungen. In  Zeiten
           der Trauer umgekehrt vermag es Religion, dem Schmerz   Christliches Brauchtum als Freudenbereiter
           mit der hoffnungsvollen Botschaft etwas Starkes ent-
           gegenzuhalten. Und es soll geschehen, dass Menschen   Auch im christlichen Brauchtum gibt es immer wieder
           dem Tod mit einem Lächeln im Gesicht entgegentreten   zu lachen: im Advent, der freudvollen Erwartung der
           können.                                               Geburt Christi, an der Fasnacht natürlich, beim öster-
                                                                 lichen Eiertütschen. Oder bei Auffahrts- oder Fronleich-
           Rituale, Kunst und Schmuck zur Freude der Gläubigen   namsprozessionen, welche die Überwindung des Leides
                                                                 und des Todes zeigen. Das sind kirchliche Muntermacher.
           Je nach Religion findet sich das Lachen in unterschied li-  Oder zentrale Gebete und Bibelstellen des Christentums
           chen Situationen im Leben der Gläubigen. Im Christentum   wie das Halleluja in der Osternacht oder die Seligprei-
           ist es bei Weitem nicht nur in Ritualen zu finden. Die   sungen sind Ausdruck dafür, dass sich Christen voll und
           Beziehung zwischen Gläubigen, im Religionsunterricht,   ganz auf einen ihnen wohlgesonnenen Gott verlassen
           in kirchlichen Vereinen oder in neuen Formen kirchlicher   können. Dass in der Geschichte der Kirche immer wieder
           Präsenz im Alltag sind genauso Ausdruck von Religion   die Drohgebärde und die Busse ins Zentrum gestellt
           wie ein Gottesdienst. Die Menschen, die sich so begegnen,   wurden, ist eine andere Sache.
           bereiten sich – auch das ist ein Ausdruck des Glaubens –
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