Page 70 - Entlebucher Brattig 2021
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                   Religion ist eine ernste Sache…


                   …dient aber im Grunde dazu, das Leben in Freude anzugehen







                   Martin Spilker








                   Religion als eine Grunderfahrung des Menschseins      Gott sagt Ja zum Menschen – ein Grund zur Freude
                   umfasst alle Formen des Daseins: Suche, Halt, Trost,
                   Erfüllung und bestimmt auch Freude. Die Religion      Ob Religion mit einem Gott oder vielen Göttern, Heiligen
                   nimmt sich der grossen Fragen an: der Herkunft und    Schriften, Traditionen oder Naturerfahrungen gelebt
                   dem Ende des Lebens, dem Gut und Böse. Doch wer       wird, es werden stets Unterweisung, Einordnung und
                   von Religion spricht, dem zeigt sich nicht zuerst ein   Teilnahme am Glaubensleben erwartet. Glaube ist
                   Bild von Fröhlichkeit. Dem britischen Theologen und   grundsätzlich lebensbejahend und das Leben des Men-
                   Kardinal John Henry Newman wird der Ausspruch         schen soll umgekehrt das Göttliche als positiven Halt
                     zugeschrieben: «Religion, das heisst Autorität und   erfahren. Wenn Gott Ja sagt zum Menschen, müsste das
                   Gehorsam.»                                            eine rundum fröhliche Sache sein. Doch was beispiels-
                   Eine andere Beurteilung nahm der deutsche Philosoph   weise aus einer Offenbarung empfangen und in einer
                   Karl Marx mit seinem berühmt-berüchtigten Bild «Reli-  Lehre festgehalten wurde, erfuhr und erfährt immer
                   gion ist Opium für das Volk» vor. Er dürfte dabei kaum     wieder neue Auslegungen. Und dabei kann einem beim
                   an fröhlich-ausgelassene Rauscherfahrungen gedacht    Blick in Geschichte und Alltag durchaus das Lachen
                   haben. Aber Marx sprach von der Religion auch als       vergehen. Spätestens dann, wenn «im Namen Gottes»
                   Herz in einer herzlosen Welt.                         Kriege geführt und Menschen zu Abertausenden gequält
                                                                         und getötet wurden und immer noch werden.






















                   Verschmitzt schmunzelndes Trio –
                   wer wollte da nicht mit einem
                   Lächeln antworten: Statue der
                     heiligen Anna Selbdritt in der
                   Ennet egg-Kapelle, Hasle, mit der
                   Gottesmutter Maria und dem
                   bereits mit der Heiligen Schrift
                   beschäftigten Jesuskind.
                   [Bild: Claudia Hoch-Rieger]
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