Page 95 - Entlebucher Brattig 2021
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Über die Fasnachtszeitungen im Entlebuch
Christian Langhagen
Vor etwas über fünfzig Jahren wurden in der Region
Entle buch erstmals verschiedene Fasnachtszeitungen
ins Leben gerufen und produziert. Diese fanden bei der
Bevölkerung regen Anklang und verkauften sich gut. Der
Verkaufspreis betrug damals etwa einen Franken. Die
Blätter wurden mit den damaligen technischen Möglich-
keiten von verschiedenen Fasnachtszeitungs-Redaktionen
in den Dörfern mit grossem Aufwand hergestellt und
kurz vor dem Schmutzigen Donnerstag in den Dorfläden
verkauft. Illustriert waren die in «Schnitzelbank»-Form
verfassten Texte teilweise von einheimischen Zeichnern
und Künstlern. So manch ein Bürger, aber auch «die
z’Bärn obe», «im Kanton inne», Parteien und andere
Institutionen wurden von den Narren durch den Kakao
gezogen. Weil dies auch mal böses Blut geben konnte,
wenn sich jemand zu stark betroffen fühlte, blieben die
Autoren in der Regel geheim. Ab und zu wurde in der
Hitze des Gefechts ein Gerücht falsch wiedergegeben,
was dann zu bösen Worten und Drohungen führte.
In der Regel regten und regen die Fasnachtszeitungen
damals und heute zum Schmunzeln an.
Im Geheimen gegen die «Majestät»
Übers Jahr gibt und gab es viel zu berichten. Denn es
kommt öfter mal vor, dass eine hohe Dame oder ein
hoher Herr irgendwo ins Fettnäpfchen «trampt» und
diese dann zum Gespött des Volkes werden. Die Basler
Fasnacht greift solche Geschichten schon seit über
150 Jahren auf. Sie werden dort in Reimform von
maskierten «Bänkelsängern» vorgetragen. Maskiert
Ein Querschnitt durch 55 Jahre deshalb, weil man als «Narr» oder «Schnitzelbänkler»
Schüpfer Fasnachtszeitungen. mit weniger Konsequenzen rechnen muss. Der Reiz
[Bilder: Christian Langhagen]
besteht darin, ein Thema bei den Zuhörern oder der
Leserschaft in sehr wenigen Worten anzusprechen und
ihm mit einer Pointe eine verblüffende Wendung zu
geben: Je kürzer und prägnanter dies bewerkstelligt wird,
desto höher ist die Kunst des «Schnitzelbänklers».
Anfang der 60er-Jahre kamen plötzlich einfache erschwing-
liche Druckverfahren wie Matrizendruck oder Xerografie

