Page 103 - Entlebucher Brattig 2021
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entging ihm, dass Schulhauswart Bieri mit einer grossen Leiter auf den Schultern
soeben beim Schulhaus um die Ecke kam. So kam es, wie es kommen musste. Edgar
fuhr ungebremst in den Schulhauswart samt Leiter hinein und beide stürzten zu
Boden. Auch das nigelnagelneue Super-Bike flog dabei hart auf den Asphalt des Pausen-
platzes und damit nicht genug, denn es verhedderte sich auch noch in den Sprossen
der Alu-Leiter, welche zusammen mit Abwart Bieri ebenfalls zu Fall gekommen war. Da
lag nun ein Durcheinander von Leiter, Bike, Schulhauswart und Edgar auf dem Boden.
Das Bike litt sehr bei diesem Sturz, aber auch Edgar schürfte seine Hände böse auf und
aus seiner Nase tropfte das Blut ziemlich heftig auf die tadellosen Markenkleider. Doch
auch Bieri kam nicht ohne Schürfung davon und so hob dieser nun seine Stimme zu
einem gewaltigen, vorwurfsvollen Gewitter an, welches sich heftig über den überrum-
pelten Edgar ergoss. Ja, der Schulhauswart sprach in seiner Wut sogar ein Verbot aus,
welches Edgar empfindlich traf. «Fertig, aus, ab sofort darfst du für zwei Wochen mit
deinem Göppel nicht mehr auf dem Schulhausplatz herumfahren, verstanden?!» Diese
Worte trafen Edgar tief. Nicht, dass ihn das Verbot so sehr getroffen hätte, viel mehr
machte ihm der Umstand zu schaffen, dass Bieri sein Super-Bike als Göppel bezeichnet
hatte! So nickte der Junge jetzt nur zaghaft mit dem Kopf, rappelte sich hoch und ging,
derangiert und beleidigt, sein Bike mit quietschendem Vorderrad neben sich her schie-
bend, humpelnd von dannen.
Zuerst erschrak Kevin, als er sah, wie Edgar ungebremst in den Schulhauswart samt
Leiter prallte. Doch dann konnte er sich ein Kichern nicht verkneifen. Hätte Edgar ihm
das Super-Bike für eine Runde zur Verfügung gestellt, wäre es nicht zu diesem Zusam-
menprall gekommen. Und je mehr sich Kevin darüber Gedanken machte, umso mehr
kroch die Schadenfreude in ihm hoch und bald einmal wurde aus dem Kichern ein
Lächeln und schlussendlich lachte sich der Junge vor lauter Schadenfreude fast
einen Schranz in den Bauch. Und dass auch der strenge, meistens etwas mürrische
Schulhauswart Bieri bei dieser Angelegenheit zu Fall gekommen war, vermochte
Kevins Schadenfreude keinesfalls zu schmälern.
Die Freude, mit dem Bike eine Runde zu fahren, war ihm zwar verwehrt geblieben,
aber dafür genoss er nun seine Schadenfreude umso mehr.
Monika Teuffer-Emmenegger, *1958, Werthenstein
Kaufmännische Angestellte, Farb- und Bachblütentherapeutin, Autorin

