Page 35 - Entlebucher Brattig 2021
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Bitte lächeln
Susanne Dängeli
Gemäss einer Hochrechnung sollen im Jahr 2017 welt- Die Technik
weit 1,2 Billionen digitale Fotos geschossen worden
sein. Mit grosser Wahrscheinlichkeit zeigt ein wesent- Während man heute die Möglichkeit hat, bei Nicht-
licher Teil davon Menschen – Menschen, die sich vor gefallen eines Fotos einfach das nächste zu schiessen
einer Sehenswürdigkeit lächelnd ablichten (lassen); und das misslungene zu löschen, musste man sich
Menschen, die für ein Gruppenfoto posieren und dabei damals gut überlegen, ob und wie oft man abdrückte.
dem ermunternden «Tschiiiiiiis» des Fotografen Folge Fotografieren war teuer und in den Anfängen der Foto-
leisten; Menschen, die ein fröhliches Erinnerungsfoto grafie dauerte die Belichtungszeit mehrere Minuten. Erst
von sich oder anderen schiessen (lassen). Selbstver- 1840 konnten neu entwickelte Geräte bei guten Lichtver-
ständlich dabei: ein freundlicher, fröhlicher, lachender hältnissen die Zeitspanne auf 45 Sekunden senken. Aber
Gesichtsausdruck. Das war nicht immer so. Betrachtet es sollte noch lange dauern, bis ein Bild unmittelbar
man Fotos aus dem 19. oder frühen 20. Jahrhundert, nach Abdrücken direkt im Kasten war. Das bedeutete,
begegnen einem praktisch nur Menschen mit einem dass man sich während der langen Belichtungszeit mög-
ernsten oder starren Blick. Gründe dafür gibt es lichst nicht bewegen und seinen Gesichtsausdruck nicht
mehrere. verändern sollte, weil das Bild sonst verschwommen
war. Da sich ein ernstes Gesicht einfacher über längere
Zeit stabil und unverändert halten lässt als ein fröhli-
ches, schien die Wahl einer ernsten Miene die Wahr-
scheinlichkeit auf ein gutes, nicht verschwommenes
Foto zu erhöhen.
Oberschule Entlebuch 1910.
Quelle: Oskar Lohri, Schul geschichte
der Gemeinde Entlebuch (1989),
S. 36. [Bilder: zVg]

