Page 154 - Entlebucher Brattig 2021
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Corona Kultur
Corona aus Sicht eines Musikers und Musiklehrers
Am Freitag, 13. März 2020, hat der Nebst den Schülerkonzerten und Vor- scheinlich, schliesslich werde beim Sin-
Bundesrat beschlossen, dass ab Mon- tragsübungen wurden auch die Instru- gen kein grosses Luftvolumen stossartig
tag, 16. März, sämtliche Schulen in der mentenparcours abgesagt. Schnell ausgestossen wie beim Niesen oder Hus-
Schweiz und somit auch alle Musikschu- kamen Existenzängste auf: Wie geht es ten. Trotzdem sei ein Sicherheitsabstand
len geschlossen werden. Viele Fragen im nächsten Schuljahr weiter, wie kön- beim Singen von 1,5 Metern und eine
tauchten auf: Wann werden die Schulen nen wir Lehrpersonen unsere potenziel- versetzte Aufstellung der Sänger und
wieder geöffnet, wann wird auch der len neuen Schüler erreichen? Es hielten Sängerinnen empfehlenswert, um einer
Musikunterricht wieder stattfinden kön- jedoch alle Musikschulen Lösungen Tröpfcheninfektion vorzubeugen. Zudem
nen, ist mein Einkommen gesichert? bereit, die zumindest für mich für das seien auch die Raumgrösse und eine
Schnell wurde vom Musiklehrerverband neue Schuljahr vielversprechend waren. gute Durchlüftung des Proberaumes sehr
und vom Verband der Musikschulen nach So wurden zum Beispiel auf den Web- wichtig. Ob die Aerosole oder auch ande-
Lösungen gesucht, wie es mit dem Inst- sites der Musikschulen Videos von Lehr- res für die Übertragung des Coronavirus
rumentalunterricht weitergehen kann. personen oder Schülern gestellt, die ihre eine Rolle spielen, wird in Zukunft sicher
Würden über einen längeren Zeitraum Instrumente vorstellten und so Werbung noch stärker in den Fokus der Wissen-
kein Instrumentalunterricht, keine Proben machten. schaft und Forschung rücken. Es ist zu
bei Ensembles (Beginnersband, Jung- hoffen, dass uns die Ängste und Sorgen
musik etc.) und keine Schülerkonzerte Im Nachhinein war für mich die Corona- um eine mögliche Ansteckung auch
stattfinden können? Ich hegte die Befürch- Zeit zwar eine sehr intensive, aber auch vor anderen Krankheiten nicht die Lust
tung, dass die Schüler und Schülerinnen eine sehr lehrreiche Zeit. und Freude am Singen und Musizieren
die Motivation und Freude am Instru- verderben.
ment und am Musizieren verlieren könn- Erfahrung als Dirigent /Chorleiter
ten, weil sie keine Ziele hatten. Herbert Renggli
In dieser Zeit durften auch sämtliche Musikschullehrer für Trompete
musikalischen Vereine nicht mehr zusam-
Schon am Dienstag, 17. März, war aber men musizieren und ihren Vereinstätig- und Chorleiter
klar, dass der Instrumentalunterricht wei- keiten nachgehen. Die ersten Proben
tergehen wird, dies mit den heutigen waren erst ab dem 10. Juni wieder mög-
modernen Kommunikationsmitteln wie lich. Der Gemischte Chor Entlebuch, dem
FaceTime, WhatsApp-Videoanruf etc. Ich ich als musikalischer Leiter vorstehe,
entschied mich, dass ich alle meine hatte beschlossen, dass wir ab diesem
Schüler über Face Time oder WhatsApp- Datum wieder beginnen wollten. Alle
Videoanruf unterrichten werde. Somit Vorgaben des Bundes in Bezug auf Des-
konnte ich einen Eins-zu-eins-Unterricht infektion, Abstand halten, Kranke bleiben
anbieten. Ich konnte den Schülern erklä- zu Hause etc. hielten wir ein. Zudem war
ren, vorspielen, sie spielten nach und ich es für uns wichtig, dass die Proben für
konnte korrigierend eingreifen. Für mich alle freiwillig waren. Auch hier war es
als Lehrperson war diese Unterrichtsform uns wichtig, dass wir noch vor den Som-
sehr intensiv und insgesamt sicher her-
merferien einige Proben machen konn-
ausfordernder als der herkömmliche Prä-
ten, was für das Gemeinschaftsgefühl
senzunterricht. Die Erfahrung war aber
sehr förderlich war.
insgesamt sehr positiv: Weil auch sehr
viele Eltern durch Home-Office zu Hause
Forschungen und Experimente verschie-
waren, ergaben sich viele gute und wert-
denster Universitäten befassen sich mit
volle Gespräche mit ihnen. Auch haben den Folgen des Coronavirus beim Singen.
die Schüler insgesamt intensiver und So hat zum Beispiel die Münchner Bun-
besser geübt.
deswehr-Universität das Corona- Infek-
tionsrisiko anhand strömungsmechani-
scher Experimente beim gemeinsamen
Singen untersucht. Experimente mit
professionellen Sängern haben gezeigt,
dass die Luft beim Singen nur im Bereich
eines halben Meters vor dem Mund in
Bewegung versetzt werde, unabhängig
von Lautstärke und Tonhöhe. Eine Virus-
ausbreitung oder Übertragung über diese
Distanz hinaus sei daher sehr unwahr-

